Montag, 20. Juli 2009
Liscoms Turm, Kampf gegen den zweigehörnten Dharai
Der Dämon erfüllt beinahe den ganzen Raum. Sein Körper, so man bei der anscheinend in ständiger Veränderung begriffen amorphen Masse überhaupt von einem Körper sprechen kann, verzerrt durch seine bloße Anwesenheit die Realität um sich herum. Aus der wabernden und glucksenden Masse ragen zwei hornartige Gebilde, von denen gelber Eiter trieft. Die Präsenz des Dämons im gegenüberliegenden Raum raubt den Gefährten den Atem. Zwar haben sie seine Gestalt zuvor schon aus der Ferne erblick, so nah sind sie ihr aber bisher nicht gekommen. Das schmatzende Geräusch, mit dem sich aus der Masse ein Tentakel von einem halben Schritt Durchmesser bildet, holt Roderik zurück in die Wirklichkeit. Mit einem Ruck befreit er seinen Rondrakamm aus der Rückenscheide. Aus dem Augenwinkel bemerkt er, wie auch seine Gefährten ihre Waffen ziehen. Mit einem Stoßgebet versucht der junge Rondrageweihte, die lähmende Angst aus seinen Gliedern zu verbannen. Es ist das erste Mal, dass er einem Wesen der Niederhöllen leibhaftig gegenübersteht. Alle Lehren und alle Unterweisungen, die ihn auf solch einen Kampf haben vorbereiten sollen, scheinen mit einem Mal bedeutungslos. Die Angst bricht in Wellen über ihn herein. Wird die Leuin bereits heute das Leben ihres jungen Dieners fordern?
Bei Rondra, keine Zweifel jetzt! Soll etwa ein Diener der göttlichen Leuin im Angesicht des größten aller Feinde weichen? Niemals!
„Hluthar!“, gellt der heisere Kampfruf Roderiks, als er in den Raum stürmt, um sich dem Geschöpf der Niederhöllen entgegen zuwerfen. Tronsjek und Bukar sind direkt hinter ihm. Der Novadi Rafim zögert, der Kunchomer zittert in seinen Händen und in seinen Augen flackert Panik. Auch Hakon bleibt wie üblich zurück, er ist kein Kämpfer, wird aber wohl, so er eine günstige Gelegenheit sieht, einen seiner Zauber einsetzten um seine Gefährten zu unterstützen.
Schmatzend bildet sich ein zweiter Tentakel. Roderik hat den Dämon erreicht. Mit voller Wucht rammt er die geweihte Klinge in den dämonischen Schleim. Kochend und dampfend versinkt sie darin. Gerade noch rechtzeitig gelingt es ihm, das Schwert herauszureißen, bevor einer der durch den Raum peitschenden Tentakel ihn erfassen kann. Zum Glück ist der Dämon nicht allzu schnell!
Unterdessen haben auch Bukar und Tronsjek den Kampf aufgenommen. Ein weiteres Mal fährt die Klinge durch den zähen Schleim und hinterlässt eine Furche voll dampfendem und übel riechendem Brodem. Ein ächzender Laut lässt Roderik unwillkürlich zurückspringen und einen Blick zur Seite werfen.
Bukar, sonst ein gnadenlos effektiver Kämpfer, ist seit der Ankunft in dem unseligen Tal seltsam schwächlich und reagiert sichtlich langsamer als sonst. So hat er auch jetzt einem der Tentakel nicht ausweichen können, sondern ist von diesem umschlungen und in die Luft gehoben worden. Vor Roderiks innerem Auge erscheinen jene Unglücklichen, die bereits Opfer des Dämons geworden sind. Schleimüberzogene Leichnahme mit geborstenem Brustkorb, ihre weit aufgerissenen Augen Zeugen des Schreckens ihrer letzten Momente in der Welt der Lebenden.
Der Dämon lässt Bukar scheinbar ziellos durch die Luft pendeln. Jeden Moment kann sich die Kreatur des Chaos dazu entscheiden, ihn einfach wie eine Fliege zu zerquetschen. „NEIN! Das darf nicht geschehen!“ „Herrin!“, fleht Roderik in dem Bestreben einen Hauch des Göttlichen zu erspüren, „erfülle deinen Diener mit deiner Stärke und deinem Mut, auf das er ein Beispiel geben kann, von deiner göttlichen Macht.“
Und seine Bitten haben Erfolg. Von einem Augenblick auf den anderen verändert sich die Welt um den Geweihten herum. Es gibt keine Zweifel und kein Zögern mehr. Er kann sich kaum noch daran erinnern, was Zweifel überhaupt sind. Da ist nur noch ein Ziel. Der Sieg! Der Sieg über die Kreatur der Niederhöllen.
Ein Kampfruf von großer Intensität erfüllt den Raum. Dann fährt die Klinge mit übermenschlicher Kraft auf den Tentakel nieder und trennt ihn einfach ab. Bukar fällt zu Boden. Rettung in letzter Sekunde!
Doch noch ist der Kampf nicht gewonnen. Der Leib der Kreatur, deren Halt in der Dritten Sphäre schwächer zu werden droht, bildet gleichzeitig mehrere Tentakel aus und lässt sie durch den Raum peitschen. Wenn ein Dämon Schmerz und Zorn kennt, dann darf man sicher sein, dass es das ist, was er jetzt fühlt.
Bukar hat sich taumelnd erhoben. Rafim von Roderiks Beispiel ermutigt stürmt ebenfalls in den Raum. Erneut beginnt der Ansturm der Gefährten. Tronsjek dringt nach wie vor mit kraftvollen Hieben auf den massigen Leib des Dämons ein, scheint diesem aber nur mäßig zuzusetzen. Ein Hieb von Roderiks Rondrakamm reißt eine weitere Schrunde in den Leib des Dämons.
Doch dann, mit einem Mal scheint der Dämon zu wachsen, sich aufzurichten. Erneut packt ein Tentakel Bukar und reißt in von den Beinen. Diesmal ist der Dämon schneller. Mit einer ruckartigen Bewegung in der überirdische Kraft liegt, peitscht der Bukar umschlungen haltende Tentakel gegen eine Wand des Turmes und schleudert Bukar mitsamt eines übermetergroßen Stücks der Wand in die Tiefe. Die Zeit steht für einen Moment still. Dann durchflutet Entsetzten den Raum. Schreckensbleich versuchen Hakon, Tronsjek und Rafim in den gegenüberliegenden Raum zurückzuweichen. Nicht schnell genug! Rafim wird von einem Tentakel erfasst und gegen eine Wand geschleudert. Knochen knirschen, ein lebloser Körper fällt zu Boden.
Allein Roderik steht dem Dämon noch gegenüber. Auch in ihm wird die Empfindung Angst wieder greifbar. Überrascht stellt er fest ebenfalls zwei Schritte zurückgewichen zu sein. Doch er spürt sie noch, jene Kraft, die nicht seine eigene ist. Die Kraft, die ihm die Möglichkeit eröffnet dies hier zu beenden. Der Tod seiner Begleiter darf nicht umsonst gewesen sein… Und erneut gelingt es ihm die Kraft in seinem Inneren zu konzentrieren.
Roderik stürmt vor und bringt den Zorn Rondras über den Dämon. Der Kampf zwischen Götterdiener und Dämon wog hin und her. Immer wieder reißt die geweihte Klinge Furchen in den Leib der Kreatur, während der Geweihte den tödlich peitschenden Tentakeln oft nur in letzter Sekunde entgeht. Roderik wird vom Mensch zum Werkzeug seiner göttlichen Herrin. Und diese duldet keine Dämonen in der dritten Sphäre. Der Untergang des Dämons ist in diesem Moment bereits besiegelt. Weitere Hiebe fallen, die Abwehr des Dämons erlahm. Schließlich fegt ihn ein letzter Hieb aus der Welt. Er verliert endgültig seine Gestalt und zerfließt ins Nichts. Nur eine schleimige Pfütze und der Gestank von Pestilenz bleiben zurück.
Roderik sackt auf die Knie, sein Blick ist in die Ferne gerichtet und scheint etwas zu sehen, wo eigentlich nichts zu sehen ist. Seine Lippen bewegen sich lautlos und formen stumme Lobpreisungen seiner Herrin. Der Kampf ist geschlagen, der Sieg errungen. Doch steht bereits einer weiter Kampf bevor, denn der Herr des Dämonen läuft noch frei herum und verflogt seine finsteren Pläne. Und allein die Götter wissen, was daraus noch alles erwachsen wird. Ja, der Kampf der Mächte der Ordnung gegen die des Chaos ist ewig, ist Weltengeschick. Das weiß seine Kirche bereits seit sie existiert. Und niemals war Roderik dies so klar wie in diesem Moment….

... link (1 Kommentar)   ... comment